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»Leben braucht Freude«

13. Februar 2024

Entsakralisierung 2. im Verständnis des Altarssakramentes

Dass viele Katholiken das Wesen des Altarssakramentes nicht mehr verstehen, zeigt sich z. B. in der schon lange dauernden und verbreiteten Diskussion um die Zulassung auch evangelischer Christen (oder möglichst aller, die wollen) zur heiligen Kommunion – im Sinn von vermeintlicher Gastfreundschaft.

Es wird – so Josef Pieper – der Realitätsgehalt der heiligen Handlung, ihr sakramentaler Charakter geleugnet. Das sei die Wurzel aller Entsakralisierung: Die heilige Handlung wird als rein menschliche Veranstaltung angesehen, in der nichts objektiv Reales geschieht, schon gar nicht die Präsenz Gottes, während nach katholischem Verständnis „Sakrament“ – in Piepers Worten – besagt, dass „die im leibhaftigen Tun und im hörbar gesprochenen Wort realisierten ‚Symbole‘ nicht nur etwas bedeuten, sondern dass in ihrem Vollzuge genau das objektive Realität wird, was sie bedeuten“, dass also das sakramentale Zeichen bewirkt, was es bedeutet – und zwar durch Gott als den in Wahrheit allein Wirkenden.

Wo dies nicht mehr verstanden oder gewollt wird, hat das Konsequenzen: Die Eucharistiefeier wird unverständlich und soll wie eine gemeinsame Mahlzeit am heimischen Esstisch vor sich gehen. Dann wird z. B. der Altar wie ein Esstisch „geschmückt“ (oder zu Karneval mit Luftschlangen und Ballons).

Für das Verständnis von Sakrament und Sakralität ist das christliche Menschenbild grundlegend, wie Pieper klar macht: Entsakralisierung bedeute Misskennung des wirklichen Menschen, dem es wider die Natur sei, auf das „bloß Menschliche“ eingeschränkt zu sein. Das aber passiere, wenn der Satz von der „anima forma corporis“ nicht mehr beherzigt werde. Dieser Grundsatz besagt, dass es im Menschen nichts rein Geistiges und nichts rein Körperliches gibt; dass der Mensch einen Leib hat, einen Körper, der von der Geistseele durchwirkt ist. Wer diesen Grundsatz nicht anerkennt, sei – so Pieper – außerstande, überhaupt die heilige Handlung sinnvoll zu vollziehen. Vertreter der Entsakralisierung wollten nicht einsehen, dass hier Sprache, Gebärden, alle Zeichen überhaupt (wie das vollendete Gedicht) der Willkür entzogen sind. Denn die „Spiritualisten“ halten den geistigen Akt für allein entscheidend; und die „Korporalisten“ lehnen vorgeprägte Formen als unzumutbaren Zwang ab. Bei beiden Positionen sei radikale Beliebigkeit die Folge.

Für den Menschen bedeute es ein existenzielles Elend, „eingemauert zu sein in eine entsakralisierte, nichts als ‚weltliche Welt‘, ohne die Möglichkeit, das Hier und Jetzt … immer wieder einmal zu überschreiten in den größeren, uns gleichfalls zugedachten Daseinsraum hinein …, im Lebensvollzug selbst, … vor allem in der heiligen Handlung.“

Und was geschieht – wie Pieper verdeutlicht – nach der Lehre der Kirche in der heiligen Handlung? Wenn der Priester das Mysterium der Eucharistie feiert und die Worte spricht „Das ist mein Leib“, dann spricht er im genauen Sinn in persona christi – in der Person Christi, der – nach Aussage des Zweiten Vatikanischen Konzils – „in der Person des Priesters als Anwesender gegenwärtig ist“. Und dann bewirkt das vom Priester gesprochene Wort wahre Wandlung: Christus selbst ist dann – so das Konzil von Trient – unter den Gestalten von Brot und Wein mit Gottheit und Menschheit, mit Leib und Seele, mit Fleisch und Blut, wahrhaft, wirklich und wesenhaft zugegen.

In der Mitte der kultischen Feier steht also – so Pieper – ein Geschehen: Menschwerdung und Opfertod Jesu werden Gegenwart – nicht als eine Art Gedächtnisfeier, sondern als wahrhafte Präsenz Gottes unter den Menschen, die leibhaftige Anwesenheit des Mensch gewordenen göttlichen Logos und seines Opfertodes inmitten der feiernden Gemeinschaft, sichtlich vom Profanen, vom Alltäglichen abgegrenzt durch den Altar, der zugleich Opferstein und Tisch des Herrn ist.

Nur wer die Menschwerdung Gottes in Christus und seinen Opfertod als geschichtliche Realität akzeptiert, habe – so Pieper – einen Zugang zum christlichen Kultmysterium, das letztlich unbegreiflich ist, aber objektive Realität, die im Glauben zu erfassen ist.

Durch den Empfang des Leibes Christi, die heilige Kommunion, wird dem Gläubigen die Teilhabe an der im Sakrament präsent gewordenen Gottheit ermöglicht, wenn er wirklich glaubt, was der Priester zu ihm spricht, dass er den „Leib Christi“ empfängt – und er mit einem aufrichtigen „Amen“ antwortet.

Monika Born